Handelskrieg droht: Trumps Bluff ist gescheitert – Peking setzt seltene Erden als Druckmittel ein

Chinas Handelsministerium (MOFCOM) hat neue Exportkontrollen für seltene Erden und zugehörige Technologien veröffentlicht – mit einer extraterritorialen Klausel, die weltweit Wirkung entfalten dürfte. Demnach brauchen künftig auch Unternehmen außerhalb Chinas eine Genehmigung aus Peking, wenn sie Produkte in Drittländer exportieren, die chinesische seltene Erden enthalten oder mit entsprechender chinesischer Technologie hergestellt wurden. Maßgeblich ist eine De-Minimis-Schwelle: Liegt der Wertanteil chinesischer REE-Inhalte bei mindestens 0,1 %, greift die Lizenzpflicht. Einzelne Passagen treten sofort in Kraft, weitere ab dem 1. Dezember 2025. Für Anwendungen in der Chipfertigung (≤ 14 nm Logik, ≥ 256-Layer Speicher) sowie bestimmte KI-Zwecke sind Genehmigungen im Einzelfall vorgesehen. Praktisch erhält China damit ein Vetorecht über die Weitergabe vieler Komponenten – auch wenn sie außerhalb Chinas gefertigt wurden.

Die Ankündigung reiht sich in eine Serie verschärfter Rohstoff- und Technologiekontrollen ein und kommt zeitlich vor anstehenden Spitzengesprächen zwischen Washington und Peking. Internationale Medienberichte sprechen von einer Ausdehnung der Kontrollen auf ausländische Nutzer und einer konsequenten Fall-zu-Fall-Prüfung für Halbleiter- und KI-Bezüge. Diese Lesart deckt sich mit dem Verordnungstext und juristischen Einordnungen, die die 0,1-%-Regel als extraterritoriale „Foreign Product Rule“ im chinesischen Recht bewerten.

Auch Beobachter in sozialen Medien sprechen von einem „weaponization“-Moment der gesamten REE-Wertschöpfungskette. Der Kernpunkt: Peking beansprucht nicht nur Kontrolle über den Abfluss von Erzen, Metallen oder Magneten, sondern auch über nachgelagerte Produkte, in denen diese – selbst in geringen Anteilen – stecken. Das hätte direkte Auswirkungen auf Elektronik, Autozulieferung, Energie- und Rüstungsindustrie und indirekte Effekte auf die Chipbranche.

Folgen für die Chipindustrie und KI

Chips selbst enthalten kaum seltene Erden, aber die Ausrüstung und Peripherie rund um die Fertigung – von Präzisionsmotoren, Vakuumpumpen und Positioniersystemen bis zu Dauermagneten in Antrieben – nutzt REE-Materialien wie Neodym, Praseodym oder Dysprosium. Magnetbaugruppen, Target-Materialien für Beschichtungsschritte und diverse Speziallegierungen werden häufig in China raffiniert oder unter Nutzung chinesischer Prozesse hergestellt. Wenn solche Bauteile künftig unter chinesische Genehmigungspflichten fallen, steigt das regulatorische Risiko entlang der Fab-Supply-Chain. Für Bestellungen von Equipment, Ersatzteilen und Service-Kits könnte dies zusätzliche Prüf- und Vorlaufzeiten bedeuten. Gleichzeitig erlaubt die MOFCOM-Ankündigung ausdrücklich Einzelfallentscheidungen für 14-nm-und-feiner-Knoten, hochdichte NAND sowie KI-Technologien mit potenzieller militärischer Nutzung – also genau jene Segmente, in denen westliche Exportregeln China bereits beschneiden.

Für die KI-Branche ist die Lage zweigleisig: Training und Inferenz hängen an verfügbaren GPUs und Speicher, aber der Flaschenhals kann auch upstream entstehen – etwa bei der Verfügbarkeit von Magneten in Rechenzentrums-Lüftern, in HDD-Spindelmotoren oder bei Komponenten von Fertigungsausrüstung für neue Kapazitäten. Schon heute weisen Marktanalysen darauf hin, dass REE-Kontrollen HDD-Zulieferer und Maschinenbauer empfindlich treffen können. Kurzfristig drohen höhere Kosten und längere Beschaffungszeiten; mittelfristig könnten Hersteller auf REE-ärmere Designs ausweichen, was Entwicklung und Qualifizierung verlangsamt.

Eskalationsrisiko USA–China

Die Maßnahme spiegelt das Muster wechselseitiger Kontrollen: Die USA beschränken Hochtechnologieexporte nach China, Peking setzt an kritischen Rohstoffen und Know-how an. Vor diplomatischen Terminen erhöht das jeweils die Verhandlungsmacht – und das Eskalationspotenzial. Sollte Washington seinerseits nachziehen (z. B. mit ausgeweiteten Sanktions- oder Listungen), wären Gegenreaktionen auf beiden Seiten zu erwarten. Unternehmen mit globalen Lieferketten müssen daher mit kurzfristigen Lizenzstopps und politisch motivierten Einzelfallprüfungen rechnen.

Auswirkungen auf Unternehmen in Europa

Europa hängt bei REE-Raffination und Magnetproduktion stark von China ab. Der EU-Critical-Raw-Materials-Act setzt bis 2030 Benchmarks für Eigenförderung, Verarbeitung und Recycling (10/40/25 %) und begrenzt Abhängigkeiten von einzelnen Drittländern auf 65 %. Diese Ziele sind ambitioniert, aber sie geben Planungssicherheit. Bis zur Skalierung eigener Kapazitäten bleiben europäische Firmen jedoch exponiert – insbesondere Automobil-, Maschinenbau-, Energie- und Elektronikhersteller. Vertrags- und Zollabteilungen werden kurzfristig mehr Aufwand in Endverbleibsnachweise, Ursprungs- und Wertanteilsberechnungen investieren müssen.

Wie schnell lassen sich Lieferketten diversifizieren?

Neue Minen benötigen oft fünf bis zehn Jahre bis zur Produktion, inklusive Genehmigungen und Umweltauflagen. Verarbeitung und Separationskapazitäten können schneller aufgebaut werden, liegen aber realistisch bei zwei bis vier Jahren – vorausgesetzt Finanzierung, Genehmigungen und Know-how sind gesichert. Ein Referenzprojekt ist die australische Lynas-Anlage in Kalgoorlie, die in etwas über zweieinhalb Jahren errichtet und in Betrieb genommen wurde; hochreine Schwer-REE-Linien bleiben dennoch Engpass. Magnetfertigung kann parallel in ein bis drei Jahren skaliert werden, erfordert aber gesicherte Rohstoffströme. Unterm Strich ist eine substanzielle China-Unabhängigkeit bis Ende des Jahrzehnts nur in Teilen erreichbar; volle Redundanz wird länger dauern.

Was Unternehmen jetzt tun sollten

Kurzfristig: Stücklisten und Lieferanten auf chinesische REE-Anteile screenen, Ursprungs- und Wertanteile dokumentieren, Lizenz- und Meldepflichten prüfen, Sicherheitsbestände priorisieren. Mittelfristig: Second-Source-Programme für Magnete und REE-Vorprodukte starten, Verträge um Exportkontroll-Klauseln ergänzen, Engineering-Alternativen evaluieren (z. B. magnetarme Antriebe). Strategisch: Engagements in EU- und Verbundprojekten zur Verarbeitung/Recycler erhöhen und die CRMA-Benchmarks in die Standort- und Investitionsplanung integrieren. Die Rechtslage ist im Fluss; wer früh Transparenz schafft, reduziert Reibungsverluste, wenn Genehmigungspflichten greifen.

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